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phorescenzerzeugung, Absorbirbarkeit und Ablenkbarkeit d ch den Magnet voneinander unterscheiden", aber eine beträchtliche Ablenkung wurde doch in allen von ihnen untersuchten Fällen wahrgenommen, und ich glaube nicht, dass man dieses Characteristicum ohne zwingenden Grund aufgeben wird.

12. Nach besonders zu diesem Zweck angestellten Versuchen ist es sicher, dass die Stelle der Wand des Entladungsapparates, die am stärksten fluorescirt, als Hauptausgangspunkt der nach allen Richtungen sich ausbreitenden X-Strahlen zu betrachten ist. Die X-Strahlen gehen somit von der Stelle aus, wo nach den Angaben verschiedener Forscher die Kathodenstrahlen die Glaswand treffen. Lenkt man die Kathodenstrahlen innerhalb des Entladungsapparates durch einen Magnet ab, so sieht man, dass auch die X-Strahlen von einer anderen Stelle, d. h. wieder von dem Endpunkte der Kathodenstrahlen ausgehen.

Auch aus diesem Grund können die X-Strahlen, die nicht ablenkbar sind, nicht einfach unverändert von der Glaswand hindurchgelassene bez. reflectirte Kathodenstrahlen sein. Die grössere Dichte des Glases ausserhalb des Entladungsgefässes kann ja nach Lenard für die grosse Verschiedenheit der Ablenkbarkeit nicht verantwortlich gemacht werden.

Ich komme deshalb zu dem Resultat, dass die X-Strahlen nicht identisch sind mit den Kathodenstrahlen, dass sie aber von den Kathodenstrahlen in der Glaswand des Entladungsapparates erzeugt werden.

13. Diese Erzeugung findet nicht nur in Glas statt, sondern, wie ich an einem mit 2 mm starkem Aluminiumblech abgeschlossenen Apparat beobachten konnte, auch in diesem Metall. Andere Substanzen sollen später untersucht werden.

14. Die Berechtigung, für das von der Wand des Entladungsapparates ausgehende Agens den Namen,,Strahlen" zu verwenden, leite ich zum Theil von der ganz regelmässigen Schattenbildung her, die sich zeigt, wenn man zwischen den Apparat und den fluorescirenden Schirm (oder die photographische Platte) mehr oder weniger durchlässige Körper bringt.

Viele derartige Schattenbilder, deren Erzeugung mitunter einen ganz besonderen Reiz bietet, habe ich beobachtet und theilweise auch photographisch aufgenommen; so besitze ich

z. B. Photographien von den Schatten der Profile einer Thüre, welche die Zimmer trennt, in welchen einerseits der Entladungsapparat, andererseits die photographische Platte aufgestellt waren; von den Schatten der Handknochen; von dem Schatten eines auf einer Holzspule versteckt aufgewickelten Drahtes; eines in einem Kästchen eingeschlossenen Gewichtsatzes; einer Bussole, bei welcher die Magnetnadel ganz von Metall eingeschlossen ist; eines Metallstückes, dessen Inhomogenität durch die X-Strahlen bemerkbar wird; etc.

Für die geradlinige Ausbreitung der X-Strahlen beweisend ist weiter eine Lochphotographie, die ich von dem mit schwarzem Papier eingehüllten Entladungsapparat habe machen können; das Bild ist schwach, aber unverkennbar richtig.

15. Nach Interferenzerscheinungen der X-Strahlen habe ich viel gesucht, aber leider, vielleicht nur infolge der geringen Intensität derselben, ohne Erfolg.

16. Versuche, um zu constatiren, ob electrostatische Kräfte in irgend einer Weise die X-Strahlen beeinflussen können, sind zwar angefangen, aber noch nicht abgeschlossen.

17. Legt man sich die Frage vor, was denn die X-Strahlen - die keine Kathodenstrahlen sein können eigentlich sind, so wird man vielleicht im ersten Augenblick, verleitet durch ihre lebhaften Fluorescenz- und chemischen Wirkungen, an ultraviolettes Licht denken. Indessen stösst man doch sofort auf schwerwiegende Bedenken. Wenn nämlich die X-Strahlen ultraviolettes Licht sein sollten, so müsste dieses Licht die Eigenschaft haben:

a) dass es beim Uebergang aus Luft in Wasser, Schwefelkohlenstoff, Aluminium, Steinsalz, Glas, Zink etc. keine merkliche Brechung erleiden kann;

b) dass es von den genannten Körpern nicht merklich regelmässig reflectirt werden kann;

c) dass es somit durch die sonst gebräuchlichen Mittel nicht polarisirt werden kann;

d) dass die Absorption desselben von keiner anderen Eigenschaft der Körper so beeinflusst wird als von ihrer Dichte.

Das heisst, man müsste annehmen, dass sich diese ultravioletten Strahlen ganz anders verhalten, als die bisher bekannten ultrarothen, sichtbaren und ultravioletten Strahlen.

Dazu habe ich mich nicht entschliessen können und nach einer anderen Erklärung gesucht.

Eine Art von Verwandtschaft zwischen den neuen Strahlen und den Lichtstrahlen scheint zu bestehen, wenigstens deutet die Schattenbildung, die Fluorescenz und die chemische Wirkung, welche bei beiden Strahlenarten vorkommen, darauf hin. Nun weiss man schon seit langer Zeit, dass ausser den transversalen Lichtschwingungen auch longitudinale Schwingungen im Aether vorkommen können und nach Ansicht verschiedener Physiker vorkommen müssen. Freilich ist ihre Existenz bis jetzt noch nicht evident nachgewiesen, und sind deshalb ihre Eigenschaften noch nicht experimentell untersucht.

Sollten nun die neuen Strahlen nicht longitudinalen Schwingungen im Aether zuzuschreiben sein?

Ich muss bekennen, dass ich mich im Laufe der Untersuchung immer mehr mit diesem Gedanken vertraut gemacht habe und gestatte mir dann auch diese Vermuthung hier auszusprechen, wiewohl ich mir sehr wohl bewusst bin, dass die gegebene Erklärung einer weiteren Begründung noch bedarf. Würzburg, Physik. Institut d. Univ., Dec. 1895.

2. Ueber eine neue Art von Strahlen;

von W. C. Röntgen.

(Zweite Mittheilung.)

Aus den Sitzungsber. der Würzburger Physik.-Medic. Gesellschaft. Jahrg. 1895.

Da meine Arbeit auf mehrere Wochen unterbrochen werden muss, gestatte ich mir im Folgenden einige neue Ergebnisse schon jetzt mitzutheilen.

18. Zur Zeit meiner ersten Publication war mir bekannt, dass die X-Strahlen im Stande sind, electrische Körper zu entladen, und ich vermuthe, dass es auch die X-Strahlen und nicht die von dem Aluminiumfenster seines Apparates unverändert durchgelassenen Kathodenstrahlen gewesen sind, welche die von Lenard beschriebene Wirkung auf entfernte electrische Körper ausgeübt haben. Mit der Veröffentlichung meiner Versuche habe ich aber gewartet, bis ich in der Lage war, einwandsfreie Resultate mitzutheilen.

Solche lassen sich wohl nur dann erhalten, wenn man die Beobachtungen in einem Raum anstellt, der nicht nur vollständig gegen die von der Vacuumröhre, den Zuleitungsdrähten, dem Inductionsapparat etc. ausgehenden electrostatischen Kräfte geschützt ist, sondern der auch gegen Luft abgeschlossen ist, welche aus der Nähe des Entladungsapparates kommt.

Ich liess mir zu diesem Zweck aus zusammengelötheten Zinkblechen einen Kasten anfertigen, der gross genug ist, um mich und die nöthigen Apparate aufzunehmen, und der bis auf eine durch eine Zinkthüre verschliessbare Oeffnung überall luftdicht verschlossen ist. Die der Thüre gegenüber liegende Wand ist zu einem grossen Theil mit Blei belegt; an einer dem ausserhalb des Kastens aufgestellten Entladungsapparat nahe gelegenen Stelle wurde die Zinkwand mit der darüber gelegten Bleiplatte in einer Weite von 4 cm ausgeschnitten, und die Oeffnung ist mit einem dünnen Aluminiumblech wieder luftdicht verschlossen. Durch dieses Fenster können die X-Strahlen in den Beobachtungskasten eindringen.

Ich habe nun folgendes wahrgenommen:

a) In der Luft aufgestellte, positiv oder negativ electriscch geladene Körper werden, wenn sie mit X-Strahlen bestrahlt werden, entladen und zwar desto rascher, je intensiver die Strahlen sind. Die Intensität der Strahlen wurde nach ihrer Wirkung auf einen Fluorescenzschirm oder auf eine photographische Platte beurtheilt.

Es ist im allgemeinen gleichgültig, ob die electrischen Körper Leiter oder Isolatoren sind. Bis jetzt habe ich auch keinen specifischen Unterschied in dem Verhalten der verschiedenen Körper bezüglich der Geschwindigkeit der Entladung gefunden; ebenso wenig in dem Verhalten von positiver und negativer Electricität. Doch ist es nicht ausgeschlossen, dass geringe Unterschiede bestehen.

b) Ist ein electrisirter Leiter nicht von Luft, sondern von einem festen Isolator, z. B. Paraffin, umgeben, so bewirkt die Bestrahlung dasselbe, wie das Bestreichen der isolirenden Hülle mit einer zur Erde abgeleiteten Flamme.

c) Ist diese isolirende Hülle von einem eng anliegenden, zur Erde abgeleiteten Leiter umschlossen, welcher wie der Isolator für X-Strahlen durchlässig sein soll, so übt die Bestrahlung auf den inneren, electrisirten Leiter keine mit meinen Hülfsmitteln nachweisbare Wirkung aus.

d) Die unter a, b, c mitgetheilten Beobachtungen deuten darauf hin, dass die von den X-Strahlen bestrahlte Luft die Eigenschaft erhalten hat, electrische Körper, mit denen sie in Berührung kommt, zu entladen.

e) Wenn sich die Sache wirklich so verhält, und wenn ausserdem die Luft diese Eigenschaft noch einige Zeit behält, nachdem sie den X-Strahlen ausgesetzt war, so muss es möglich sein, electrische Körper, welche selbst nicht von den X-Strahlen getroffen werden, dadurch zu entladen, dass man ihnen bestrahlte Luft zuführt.

In verschiedener Weise kann man sich davon überzeugen, dass diese Folgerung in der That zutrifft. Eine, wenn auch nicht die einfachste, Versuchsanordnung möchte ich mittheilen.

Ich benutzte eine 3 cm weite, 45 cm lange Messingröhre; in einigen Centimenter Entfernung von dem einen Ende ist ein

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