Page images
PDF
EPUB

trolyten ändert nicht die Verschiebungselectricität, sondern allein die Strömungselectricität. Die Leitfähigkeit wächst bedeutend, die Dielectricitätsconstante bleibt annähernd dieselbe. Zum Ueberfluss wurde auch in positiv sich ladenden Substanzen eine Spur Salzsäure gelöst: der Sinn der Ladung fand sich nicht verändert; nur die Bewegung schnell wandernder Flüssigkeiten wie Aceton wurde, wie zu erwarten war, verzögert. Wuchs der Salzsäurezusatz, sodass eine deutliche Leitfähigkeit vorhanden war dann blieb der Vorgang der Ueberführung, wie stets bei beträchtlicher Leitfähigkeit, gänzlich aus. Es müssen dann eben, um das Vorhandensein einer Verschiebungselectricität zu constatiren, andere Mittel angewendet werden, welche auf die vorhandenen Ionen, die Träger der Strömungselectricität, nicht oder nur gering reagiren: electrische Schwingungen. Dass das hier verwendete Mittel der Ueberführung bei beträchtlicherer Leitfähigkeit versagt, war auch der Grund, weshalb die Ladung von Ameisensäure und Milchsäure nicht unzweifelhaft festgestellt werden konnte.

6. Durch die vorstehenden Versuche wird die Frage nahe gelegt, ob die Steighöhe, bis zu welcher verschiedene Flüssigkeiten durch die gleiche electromotorische Kraft getrieben werden, in Zusammenhang mit der Dielectricitätsconstante der Flüssigkeiten stände. Die darauf bezügliche Untersuchung soll später zur Mittheilung gelangen. Hier genüge der Hinweis, dass die Berechnung älterer Versuche bereits einen solchen Zusammenhang erkennen lässt. Tereschin1) machte auf Anregung Quincke's Ueberführungsversuche mit Verwendung einer Leydener Batterie, die durch Drehen einer Holtz'schen Maschine auf constantem Potential erhalten wurde. Er untersuchte im gleichen Capillarrohr Wasser, Methylalkohol und Aethylalkohol und fand, dass deren Steighöhen nach Reduction unter Berücksichtigung der Dichten im Verhältniss standen von:

[blocks in formation]

Diese Zahlen stehen im Verhältniss von 85,6: 32,6: 22,3 kommen also dem Verhältniss der Dielectricitätsconstanten nahe.

1) Tereschin, Wied. Ann. 32. p. 333. 1887.

7. In der im fünften Abschnitt mitgetheilten Tabelle indet sich der Ladungssinn der Flüssigkeiten gegen Glas. Mit der Wahl eines anderen festen Stoffes müssten Aenderungen in der Tabelle eintreten, deren Sinn sich in jedem Falle voraussagen liesse. Glas hat unter den festen Stoffen eine hohe Dielectricitätsconstante und ladet sich somit gegen die meisten übrigen positiv. Eine kleine Dielectricitätsconstante hat Schwefel seine Stellung in der Spannungsreihe zeigt, dass er sich gegen fast alle festen Stoffe negativ ladet. Würden wir also ein Diaphragma statt aus Glas aus Schwefel bilden, so müssten darin zunächst sämmtliche Flüssigkeiten, die sich gegen Glas positiv luden, um so mehr sich positiv laden; ausserdem aber noch diejenigen Flüssigkeiten, deren Constante kleiner als die des Glases, grösser als die des Schwefels ist. Die Constante des Schwefels ist nach Kohlrausch 2-4. Die höheren Werthe sind von Boltzmann an Schwefelkrystallen gefunden worden, die kleineren ergaben sich bei Verwendung von gegossenem Schwefel. Das Diaphragma wurde in der Weise gebildet, dass mit einem gläsernen Stempel Schwefelpulver in ein Glasröhrchen eingestampft wurde. Zur Controle wurde auch mit Glaspulver in derselben Weise verfahren, wobei die in den Glassprüngen erhaltenen Resultate sich nicht änderten. Es ergaben sich mit Schwefel die folgenden Resultate bei beliebig herausgegriffenen Flüssigkeiten:

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small]

Gegen Schwefel werden also alle Flüssigkeiten positiv, m Ausnahme von Terpentinöl, wie schon Quincke gefunden ha Bei Benzol, Toluol, Xylol war es nicht möglich eine For führung wahrzunehmen, auch nicht, als diese Flüssigkeiten m Salzsäure leitend gemacht worden waren. Die Constante dieser Flüssigkeiten liegen bei 2,3-2,5. Nimmt man an, da

die Constante des verwendeten Schwefels diese Grösse hatwie wir vorher zu der Annahme geführt wurden, dass die Constante des Glases zwischen 5,5 und 6,16 liegen muss so sind alle Angaben der obigen Tabelle Bestätigungen des aufgestellten Gesetzes: Stoffe von höherer Dielectricitätsconstante laden sich positiv bei der Berührung mit Stoffen von niederer Dielectricitätsconstante.

In

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass sich bisher eine Ausnahme gezeigt hat, deren Aufklärung noch nicht gelungen ist. Chloroform (5,02) zeigt gegen Glas (über 5,5) die seiner Dielectricitätsconstante entsprechende negative Ladung. Schwefel sollte es sich positiv laden, zeigte sich jedoch negativ. Möglich, dass hier noch Spuren einer Verunreinigung ebenso wie beim Aether, von dem nur ein sorgfältig gereinigtes Präparat die seiner Dielectricitätsconstante entsprechende Ladung zeigte, sich geltend machen.

8. Die mitgetheilten Tabellen geben Anordnungen der Flüssigkeiten diesseits und jenseits von Glas und von Schwefel. Die Allgemeingültigkeit des Gesetzes aber verlangt, dass auch die Flüssigkeiten untereinander sich ihm entsprechend verhalten. Von zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten müssen Tropfen derjenigen mit kleinerer Dielectricitätsconstante sich negativ laden gegen ein Medium mit höherer Dielectricitätsconstante, in welchem sie suspendirt sind. Die Beobachtungen sind gut ausführbar in einem längeren, an beiden Enden in die Höhe gebogenen Capillarrohr. Es gelingt unschwer, das Rohr so zu füllen, dass ein oder mehrere Tropfen der einen Flüssigkeit sich innerhalb der anderen in dem horizontalen Theile des Rohres befinden. Dabei ist nothwendig, dass die umhüllende Flüssigkeit das Glas gut benetzt; denn nur in diesem Falle sind die Tröpfchen ganz von ihr umgeben. Es wurden nur einige Versuche ausgeführt, deren Ergebniss aber unzweifelhaft war. Terpentin (2,2) in Wasser lud sich negativ. Ebenso Aether (4,25) und Schwefelkohlenstoff (2,63). Um auch einen Stoff von höherer Dielectricitätsconstante zu prüfen, wurde Nitrobenzol (32,2) gewählt. Es lud sich ebenfalls gegen Wasser negativ. Und um die Bewegung in einem anderen Medium erfolgen zu lassen wurde Nitrobenzol in Glycerin (56,2) beobachtet. Es lud sich negativ.

9. Da kein Stoff von höherer Dielectricitäts constante bekannt ist, als Wasser, so dürfte Wasser bei Reibungsversuchen gegen Nichtleiter niemals negative Ladung zeigen. Es existiren nun Versuche von Elster) und von Sohncke2), bei welchen Wasser gegen Eis geblasen wurde. Man muss annehmen, dass dabei nicht Wasser gegen Eis, sondern wärmeres Wasser gegen das am Eis adhärirende kältere sich rieb. Hierbei lud sich der Wasserstrahl negativ. Wie nun aus einer Reihe von Untersuchungen 3) hervorgeht, wächst die Dielectricitätsconstante des Wassers mit abnehmender Temperatur. Es stehen also die Versuchsergebnisse von Elster und von Sohncke in Uebereinstimmung mit dem aufgestellten Gesetz.

Für den experimentellen Theil der vorstehenden Arbeit wurden mir die Hülfsmittel des Instituts für physikalische Chemie freundlichst zur Verfügung gestellt.

Göttingen, December 1897.

1) Elster, Wied. Ann. 6. p. 553. 1879.

2) Sohncke, Wied. Ann. 28. p. 550. 1886.

3) Heerwagen, Wied. Ann. 49. p. 278. 1896; Drude, Wied. Ann. 59. p. 50. 1896; Abegg, Wied. Ann. 62. p. 257. 1897.

(Eingegangen 11. December 1897.)

3. Akustische Erscheinungen am electrischen Flammenbogen 1); von Hermann Th. Simon.

1. Legt man den Stromzuführungsdrähten einer electrischen Gleichstrombogenlampe parallel eine zweite, von schwachen intermittirenden Strömen durchflossene Leitung, so tönt der Lichtbogen mit einem intensiven knatternden Geräusch.

Zur Erzeugung der intermittirenden Ströme im Nebenstromkreise kann man einen von einem Element betriebenen Stimmgabelunterbrecher, den Neef'schen Hammer eines kleinen Inductoriums und ähnliche Vorrichtungen benutzen.

2. Dieses Knattern beobachtete ich, als ich mit einer Bogenlampe arbeitete, während in einem benachbarten Zimmer ein Inductorium in Gang war: Die Bogenlampe sowohl, wie das Inductorium wurden aus derselben Accumulatorenbatterie gespeist, deren Zellen durch einen Zellenschalter am Schaltbrett in die entsprechenden Leitungsnetze vertheilt werden. 2) Da das Schaltbrett von der Batterie ca. 15 m entfernt ist, so laufen die Verbindungsdrähte der Zellen mit dem Zellenschalter auf dieser Strecke nebeneinander her. Die durch die Unterbrechungen am Inductorium in seinen Zuführungsdrähten erzeugten intermittirenden Ströme induciren in den Zuführungsdrähten der Bogenlampe schwache secundäre Ströme, welche sich über den Lampengleichstrom lagern und die beobachtete akustische Wirkung im Lichtbogen hervorrufen. Dass diese Erklärung richtig ist, und dass es sich nicht etwa um eine Resonanzwirkung der von dem Inductoriumfunken ausgehenden electrischen Wellen handelt, wurde durch eingehende Versuche nachgewiesen.

3. Die Erscheinung bleibt unverändert, wenn an Stelle einer Bogenlampe mit Differentialregulirung ein Lichtbogen

1) Im Auszug mitgetheilt in der Sitzung der Erlanger physikalischmedicinischen Societät vom 8. November 1897.

2) Vgl. E. Wiedemann, Das neue physikalische Institut der Universität Erlangen.

« PreviousContinue »