Page images
PDF
EPUB

Rufen die ganz stetig erfolgenden Ladungen des Wechselstromes mit ihrem rein sinoidalen Verlaufe schon so deutliche Erscheinungen hervor, so müssen sie bei dem zackigen Verlaufe der Entladungscurve eines grossen Inductoriums 1) und den hier vorkommenden sehr jähen Aenderungen der Potentialwerthe in erhöhtem Maasse auftreten.

Die Dunkelräume dieser Kathodenerscheinungen haben bei so tiefen Drucken, wie sie in einer Braun'schen Röhre herrschen, erhebliche Dicken.

b) Dass solche durch electrische Schwingungen hervorgerufene Kathodenerscheinungen Ablenkungen an vorübergehenden Kathodenstrahlen einer anderen Quelle herbeiführen können, dürfte nach den Untersuchungen von E. Wiedemann und mir kaum zweifelhaft erscheinen. Dieselben zeigten, dass der dunkle Raum einer Kathode dem Eindringen von Kathodenstrahlen einer anderen Electrode einen grossen Widerstand entgegensetzt.2) Wir beschrieben unter anderen einen Versuch, bei welchem Strahlen einer drehbaren Kathode immer näher an den Dunkelraum einer anderen Kathode herangebracht wurden; als sie denselben erreichten, vermochten sie nicht in denselben einzudringen, sondern ,,legten sich um ihn herum".

Wenden wir dieses Ergebniss auf unseren Fall an; durch die electrische Oscillation wird bald an der einen, bald an der anderen Seite der inneren Rohrwand ein Dunkelraum erzeugt. Die aus dem Diaphragma C kommenden, zunächst völlig axial verlaufenden Kathodenstrahlen der Braun'schen Röhre legen sich um denselben herum, müssen also bald nach der einen, bald nach der anderen Seite eine Ablenkung erfahren. Es ist hier augenscheinlich gar nicht einmal nöthig, zur Erklärung eine directe Goldstein'sche Deflexionserscheinung zweier senkrecht gegeneinander verlaufender Kathodenstrahlen selbst zur Erklärung mit heranzuziehen, wiewohl die Mitwirkung derselben nicht ausgeschlossen ist.

Wenn daher Hr. K. E. F. Schmidt durch das p. 181

1) Vgl. z. B. die Bilder Fig. 3b und c, welche Hr. Braun in seiner Abhandlung p. 554 giebt.

2) E. Wiedemann und H. Ebert, Sitzungsber. physikal. med. Societät Erlangen 24. p. 114. 1891.

seiner zweiten Mittheilung unter d) beschriebene Experiment zeigt, dass die intensiven von der inneren Rohrwand beim Anlegen einer Kugel senkrecht ausgehenden Kathodenstrahlen für sich nicht die beobachtete Deflexion herbeiführen, so war doch auch hier nicht die deflectorische Wirkung des Dunkelraumes ausgeschlossen, der sich sicher bei dem obwaltenden tiefen Drucke über den Glimmerschirm hinaus erstreckte.

Die starken Wandladungen werden die ablenkende Wirkung unterstützen, da die Kathodenstrahlen eine theils ladende, theils entladende Wirkung ausüben.

Nach den Untersuchungen der Herren W. Kaufmann und E. Aschkinass1) ist die Deflexion cet. par. dem Potentialgradienten an der ablenkenden Kathode proportional. Es muss also bei einer regelmässig periodischen electrischen Kraft eine dem Sinusgesetze gehorchende Ablenkung der Kathodenstrahlen erfolgen, wie oben gefunden wurde.

Wir kommen also zu folgenden Ergebnissen:

1. Die zuerst von Hrn. K. E. F. Schmidt beobachtete Ablenkung der Kathodenstrahlen durch electrische Schwingungen tritt am reinsten bei völliger gegenseitiger Unabhängigkeit von erregender und ablenkender Electricitätsquelle auf.

2) Für die letztere eignet sich das sinoidal wechselnde Spannungsfeld eines Plattencondensators, der durch einen genügend hoch transformirten Wechselstrom gespeist wird, besonders gut.

3) Die Ablenkungen der Kathodenstrahlen einer Braun'schen Röhre werden dadurch zu einem äusserst empfindlichen Hülfsmittel zum Studium des zeitlichen Verlaufes der Secundärspannungen auch offener Transformatoren und zur Ermittelung der Phasendifferenz von primärer Stromstärke und secundärer Spannung.

4. Die Ablenkungen sind nicht durch magnetische Kräfte dielectrischer Verschiebungsströme bedingt.

5. Sie werden stark durch die erheblichen Wandladungen der Entladungsröhre beeinflusst.

6. Ihre Ursache scheint in den Umbiegungen zu liegen, welche die Kathodenstrahlen erfahren, wenn sie auf die durch

1) W. Kaufmann u. E. Aschkinass, Wied. Ann. 62. p. 588. 1897.

die electrischen Schwingungen im Rohrinnern hervorgerufenen Kathodendunkelräume treffen.

Diese Ergebnisse schliessen natürlich nicht aus, dass neben den hier studirten Wirkungeu eines electrischen Wechselfeldes noch directe electrostatische Einflüsse auf Kathodenstrahlen möglich sind; nur müssen dieselben jedenfalls so schwach sein, dass sie mit der Braun'schen Röhre nicht nachweisbar sind, sondern hierzu besondere Maassnahmen, etwa die Lenard'sche Anordnung, erfordern.

Bei den im Vorstehenden beschriebenen Untersuchungen hat mich mein Assistent, Hr. Dr. M. W. Hoffmann, auf das Wirksamste unterstützt, wofür ich demselben auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche.

Kiel, Phys. Inst. d. Univ., November 1897.

(Eingegangen 22. December 1897.)

5. Ueber die Interferenz und die electrostatische Ablenkung der Kathodenstrahlen;

von G. Jaumann.

(Aus den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien. naturw. Klasse; Bd. CVI. Abth. IIa. Juli 1897.)

Mathem.

Die Herren E. Wiedemann und G. C. Schmidt1) sowohl, als Hr. D. F. Tollenaar 2) theilen mit, dass es ihnen nicht gelungen ist, mein Experiment über die Interferenz des blauen Kathodenlichtes 3) zu wiederholen. Dies veranlasste mich zur sofortigen Wiederaufnahme dieses Experimentes, wobei es mir gelungen ist, dasselbe wesentlich weiterzuführen.

K

[ocr errors]

F

K2

Fig. 1.

Zwei parallele Aluminiumplatten K, K, (Fig. 1) von 10 cm Länge, 4 cm Breite und 2 cm Abstand wurden in einem grossen Recipienten untergebracht und (aussen) durch eine 250 cm lange Schlinge eines 0,8 mm dicken Messingdrahtes miteinander verbunden. Diese Verbindung muss durchaus ohne Contactfehler hergestellt werden.) Die Anode ist ein weit von den Kathodenplatten entfernter Stift. Die Drahtschlinge K, K, S wurde mittels des Klemmschraubencontactes S mit dem negativen Pol einer Influenzmaschine (einplattig, ohne Leydnerflaschen) verbunden und in diese Leitung ein Funkenmikrometer F eingeschaltet.

Die Interferenzfläche des blauen Kathodenlichtes ist eine ca. 0,5 mm dicke, hellblaue, ebene Schicht,

1) E. Wiedemann u. G. C. Schmidt, Wied. Ann. 60. p. 510. 1897.

2) D. F. Tollenaar, Versl. d. Afd. natuurk. d. Kon. Akad. te Amsterdam, p. 310. 1897.

3) G. Jaumann, Mittheil. d. deutsch. math. Gesellsch. zu Prag, p. 146. 1892; Wied. Ann. 57. p. 152. 1896.

4) Nietungen von Aluminium auf Aluminium sind unzulässig. Auch das Einschmelzen von Platin in Aluminium giebt einen unsicheren Contact.

welche sich inmitten eines matt wasserblauen, 2 mm dicken Hofes deutlich abhebt. Der übrige Raum zwischen den Kathoden ist nahezu dunkel. Nur dann, wenn diese Interferenzfläche vollkommen klar ausgebildet ist, zeigt sie sich gegen Verschiebungen des Schleifcontactes S empfindlich.

Damit dies erreicht wird, muss man den Funken F variiren. Nur in einem gewissen, von der übrigen Versuchsanordnung abhängigen Intervall der Funkenlänge gelingt das Experiment. 1

Bei meinen früheren Experimenten bestand die Wirkung einer Verschiebung des Schleifcontactes S aus der Mitte der Schlinge nur in einer Verbreiterung der Interferenzfläche. Bei starken Verschiebungen des Contactes erfüllte sich der ganze Raum zwischen den Kathoden mit Licht, dessen Vertheilung erst bei sehr starken Verschiebungen des Contactes unsymmetrisch wurde. Ich habe damals nur als Vermuthung aussprechen können, dass diese symmetrische Verbreiterung sich auf einseitige Verschiebungen der unverbreiterten Interferenzfläche zurückführen liesse, falls man annimmt, dass es ein

1) Der Funke ändert bei Veränderung seiner Länge seinen Charakter und damit den Charakter der von ihm angeregten Strahlung, von deren Beschaffenheit begreiflicherweise der Ausfall eines Interferenzexperimentes wesentlich abhängen muss. Zeichen, dass die Aufstellung nicht die richtige ist, sind es, wenn die Interferenzfläche röthlich und von ihrem Hof nicht unterscheidbar ist und wenn ein breiter, hellleuchtender blauer Querstrich die Interferenzfläche senkrecht schneidet und die Kathodenplatten verbindet. Dieser blaue Querstrich ist eine Art Funken, welcher zwischen den Kathoden übergeht, und deutet auf einen Contactfehler im Schliessungskreise. Er erscheint bei hohen Verdünnungen als grüner Querstrich im Fluorescenzbilde auf der Glaswand.

Die Herren E. Wiedemann u. G. C. Schmidt geben an, sie hätten zwei blaue Kathodenhüllen, welche sie als dritte Goldstein'sche Schichten bezeichnen, zum Zusammenfliessen gebracht. Dann ist es freilich nicht anders zu erwarten, als dass die so entstandene helle Fläche gegen Verschiebungen des Schleifcontactes unempfindlich ist. Das blaue Kathodenlicht, welches die empfindliche Interferenzfläche bildet, ist nämlich nicht mit der dritten, sondern mit der zweiten Kathodenschicht Goldstein's, d. h. mit den Kathodenstrahlen verwandt. Die dritte Schicht Goldstein's ist nichts anderes als das negative Ende der Entladung, sie zeigt keine geradlinige Fortpflanzung, wirft keine Schatten, erregt keine Fluorescenz, zeigt nach Goldstein (Wied. Ann. 51. p. 633. 1894) keine Deflexion; kein Wunder, dass sie auch keine Anzeichen von Interferenz giebt.

« PreviousContinue »