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Dazu eignet sich zunächst wieder das Platin-Alu forminiumfenster. Ein Exemplar davon wurde auf eine eingehüllte protographische Platte gelegt, ein zweites vor den Fluorescenzschirm gebracht, und dann beide in gleichem Abstand von dem Entladungsapparat aufgestellt. Die X-Strahlen hatten bis zur empfindlichen Schicht der photographischen Platte bez. bis zum Baryumplatincyanür genau dieselben Medien zu durchlaufen. Während der Exposition beobachtete ich den Schirm und constatirte die Fensternummer; nach dem Entwickeln wurde auf der photographischen Platte ebenfalls die Fensternummer bestimmt, und dann wurden beide Nummern miteinander verglichen. Das Resultat solcher Versuche ist, dass bei Anwendung von weicheren Röhren (Fensternummer 4-7) kein Unterschied zu bemerken war; bei Anwendung von härteren Röhren schien es mir, als ob die Fensternummer auf der photographischen Platte ein wenig, aber höchstens eine Einheit, niedriger war als die mittels des Fluorescenzschirmes bestimmte. Indessen ist diese Beobachtung, wenn auch wiederholt bestätigt gefunden, doch nicht ganz einwurfsfrei, weil die Bestimmung der hohen Fensternummern am Fluorescenzschirm ziemlich unsicher ist.

Völlig sicher dagegen ist das folgende Ergebniss. Stellt man an dem in § 2 beschriebenen Photometer eine harte und eine weiche Röhre auf gleiche Helligkeit des Fluorescenzschirmes ein und bringt dann eine photographische Platte an die Stelle des Schirmes, so bemerkt man nach dem Entwickeln dieser Platte, dass die von der harten Röhre bestrahlte Plattenhälfte beträchtlich weniger geschwärzt ist als die andere. Die Bestrahlungen, die gleiche Intensität der Fluorescenz erzeugten, wirkten photographisch verschieden.

Bei der Beurtheilung dieses Resultates darf man nicht ausser Betracht lassen, dass weder der Fluorescenzschirm, noch die photographische Platte die auffallenden Strahlen vollständig ausnutzen; beide lassen noch viele Strahlen hindurch, die wieder Fluorescenz bez. photographische Wirkungen hervorrufen können. Das mitgetheilte Resultat gilt demnach zunächst nur für die gebräuchliche Dicke der empfindlichen photographischen Schicht und des Baryum platincyanürbeleges.

Wie sehr durchlässig die empfindliche Schicht der photo

graphischen Platte sogar für X-Strahlen von Röhren mittlerer Härte ist, beweist ein Versuch mit 96 aufeinander gelegten, in 25 cm Entfernung von der Strahlenquelle 5 Minuten lang exponirten und durch eine Bleiumhüllung gegen die Strahlung der Luft geschützten Films. Noch auf dem letzten derselben ist eine photographische Wirkung deutlich zu erkennen, während der erste kaum überexponirt ist. Durch diese und ähnliche Beobachtungen veranlasst, habe ich bei einigen Firmen für photographische Platten angefragt, ob es nicht möglich wäre, Platten herzustellen, die für die Photographie mit X-Strahlen geeigneter wären, als die gewöhnlichen. Die eingesandten Proben waren jedoch nicht brauchbar.

Ich hatte, wie schon auf p. 30 erwähnt, häufig Gelegenheit wahrzunehmen, dass sehr harte Röhren unter sonst gleichen Umständen eine längere Expositionsdauer beanspruchen als mittelharte; es ist dies verständlich, wenn man sich des in § 9 mitgetheilten Resultates erinnert, wonach alle untersuchten Körper für Strahlen, die von harten Röhren emittirt werden, durchlässiger sind, als für die von weichen Röhren ausgehenden. Dass mit sehr weichen Röhren wieder lang exponirt werden muss, lässt sich durch die geringere Intensität der von denselben ausgesandten Strahlen erklären.

Wenn die Intensität der Strahlen durch Vergrösserung der primären Stromstärke (vgl. p. 32) vermehrt wird, so wird die photographische Wirkung in demselben Maasse gesteigert wie die Intensität der Fluorescenz; und es dürfte in diesem und in jenem oben besprochenen Fall, wo die Intensität der Bestrahlung des Fluorescenzschirmes durch Veränderung des Abstandes des Schirmes von der Strahlenquelle geändert wird, die Helligkeit der Fluorescenz wenigstens sehr nahezu proportional der Intensität der Bestrahlung sein. Es ist aber nicht erlaubt, diese Regel allgemein anzuwenden.

11. Zum Schluss sei es mir gestattet, folgende Einzelheiten. zu erwähnen.

Bei einer richtig construirten, nicht zu weichen Entladungsröhre kommen die X-Strahlen hauptsächlich von einer nur 1 bis 2 mm grossen Stelle der von den Kathodenstrahlen getroffenen Platinplatte; indessen ist das nicht der einzige Ausgangsort: die ganze Platte und ein Theil der Röhrenwand emittirt, wenn

auch in viel schwächerem Maasse, X-Strahlen. Von der Kathode gehen nämlich nach allen Richtungen Kathodenstrahlen aus; die Intensität derselben ist aber nur in der Nähe der Hohlspiegelaxe sehr bedeutend, und deshalb entstehen auf der Platinplatte da, wo diese Axe sie trifft, die intensivsten X-Strahlen. Wenn die Röhre sehr hart und das Platin dünn ist, so gehen auch von der Rückseite der Platinplatte sehr viel X-Strahlen aus, und zwar, wie die Lochcamera zeigt, wieder vorzugsweise von einer auf der Spiegelaxe liegenden Stelle.

Auch in diesen härtesten Röhren liess sich das Intensitätsmaximum der Kathodenstrahlen durch einen Magneten von der Platinplatte ablenken. Einige an weichen Röhren gemachte Erfahrungen veranlassten mich, die Frage nach der magnetischen Ablenkbarkeit der X-Strahlen mit verbesserten Hülfsmitteln nochmals in Angriff zu nehmen; ich hoffe bald über diese Versuche berichten zu können.

Die in meiner ersten Mittheilung erwähnten Versuche über die Durchlässigkeit von Platten gleicher Dicke, die aus einem Krystall nach verschiedenen Richtungen geschnitten sind, habe ich fortgesetzt. Es kamen zur Untersuchung Platten von Kalkspath, Quarz, Turmalin, Beryll, Aragonit, Apathit und Baryt. Ein Einfluss der Richtung auf die Durchlässigkeit liess sich auch jetzt nicht erkennen. —

Die von Hrn. G. Brandes beobachtete Thatsache, dass die X-Strahlen in der Netzhaut des Auges einen Lichtreiz auslösen können, habe ich bestätigt gefunden. Auch in meinem Beobachtungsjournal steht eine Notiz aus dem Anfang des Monats November 1895, wonach ich in einem ganz verdunkelten Zimmer nahe an einer hölzernen Thür, auf deren Aussenseite eine Hittorf'sche Röhre befestigt war, eine schwache Lichterscheinung, die sich über das ganze Gesichtsfeld ausdehnte, wahrnahm, wenn Entladungen durch die Röhre geschickt wurden. Da ich diese Erscheinung nur einmal beobachtete, hielt ich sie für eine subjective, und dass ich sie nicht wiederholt sah, liegt daran, dass später statt der Hittorf' schen Röhre andere, weniger evacuirte und nicht mit Platinanode versehene Apparate zur Verwendung kamen. Die Hittorf' sche Röhre liefert wegen der hohen Verdünnung ihres Inhaltes Strahlen von geringer Absorbirbarkeit und wegen des Vor

handenseins einer von den Kathodenstrahlen getroffenen Platinanode intensive Strahlen, was für das Zustandekommen der genannten Lichterscheinung günstig ist. Ich musste die Hittorf' schen Röhren durch andere ersetzen, weil alle nach sehr kurzer Zeit durchschlagen wurden.

Mit den jetzt in Gebrauch befindlichen, harten Röhren lässt sich der Brandes'sche Versuch leicht wiederholen. Vielleicht ist die Mittheilung von folgender Versuchsanordnung von einigem Interesse. Hält man möglichst dicht vor das offene oder geschlossene Auge einen verticalen, wenige Zehntelmillimeter breiten Metallspalt und bringt dann den durch ein schwarzes Tuch verhüllten Kopf nahe an den Entladungsapparat, so bemerkt man nach einiger Uebung einen schwachen, nicht gleichmässig hellen Lichtstreifen, der je nach der Stelle, wo sich der Spalt vor dem Auge befindet, eine andere Gestalt hat: gerade, gekrümmt oder kreisförmig. Durch langsames Bewegen des Spaltes in horizontaler Richtung kann man diese verschiedenen Formen allmählich ineinander übergehen lassen. Eine Erklärung dieser Erscheinung ist bald gefunden, wenn man daran denkt, dass der Augapfel geschnitten wird von einem lamellaren Bündel X-Strahlen, und wenn man annimmt, dass die X-Strahlen in der Netzhaut Fluorescenz erregen können.

Seit dem Beginn meiner Arbeit über X-Strahlen habe ich mich wiederholt bemüht, Beugungserscheinungen dieser Strahlen zu erhalten; ich erhielt auch verschiedene Male mit engen Spalten etc. Erscheinungen, deren Aussehen wohl an Beugungsbilder erinnerte, aber wenn durch Veränderung der Versuchsbedingungen die Probe auf die Richtigkeit der Erklärung dieser Bilder durch Beugung gemacht wurde, so versagte sie jedesmal, und ich konnte häufig direct nachweisen, dass die Erscheinungen in ganz anderer Weise als durch. Beugung zu Stande gekommen waren. Ich habe keinen Versuch zu verzeichnen, aus dem ich mit einer mir genügenden Sicherheit die Ueberzeugung von der Existenz einer Beugung der X-Strahlen gewinnen könnte.

Würzburg, Physik. Institut d. Univ., 10. März 1897.

4. Ueber eine noch nicht untersuchte Strahlungsform an der Kathode inducirter Entladungen; von E. Goldstein.

(Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Berlin vom 29. Juli 1886.)

Das Kathodenlicht der Entladung des Inductoriums durch verdünnte Gase besteht aus mehreren verschieden gefärbten Schichten. In verdünnter Luft ist die der Kathode unmittelbar anliegende Schicht chamoisgelb gefärbt, die zweite erscheint blau und lichtschwach, die dritte violettblau und hellleuchtend. Die erste Schicht ist ungeachtet ihrer Helligkeit von der weitaus grössten Zahl von Autoren ganz ignorirt worden; die wenigen, die ihrer gedenken, gehen meist über die Constatirung ihrer Existenz nicht hinaus. Untersuchungen über ihre Eigenschaften liegen, von einem thermometrischen Experiment Hittorf's1) abgesehen, noch nicht vor. Die erste Schicht des Kathodenlichts erscheint bei Electroden und Gefässen der üblichen Formen nur in geringer Dicke, die bei schwachen Drähten bloss einige Millimeter erreicht; bei grossflächigen Kathoden ist sie viel weiter zu verfolgen, worauf hier aber nicht näher eingegangen werden soll; es wird genügen, zu erwähnen, dass an plattenförmigen Kathoden von etwa 2 bis 21/2 cm Durchmesser, wie sie im Folgenden vorausgesetzt werden, die erste Schicht bei steigender Evacuation bis auf etwa 2 cm von der Kathode zu verfolgen ist. Füllt die Kathode den Röhrenquerschnitt ganz oder nahezu aus, so hört die erste Schicht bei zunehmender Gasverdünnung auf, die ganze Fläche in gleichmässiger Helligkeit zu bedecken; sie wird an den Rändern erst lichtschwach, erlischt dann dort ganz und zieht sich immer mehr nach der Mitte der Fläche zurück.

In den Monatsberichten der Berliner Akademie für 1880 habe ich (p. 88) Entladungsgefässe beschrieben, in welchen (zum Studium des secundären negativen Lichts) zwischen den

1) Hittorf, Wied. Ann. 21. p. 128. 1884.

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