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11. Ueber die Bestimmung des

Diffusionscoefficienten nach der electrolytischen Methode von H. F. Weber; von Wilhelm Seitz.

I. Einleitung.

Von den verschiedenen Methoden zur Bestimmung des Diffusionscoefficienten von den ersten Versuchen Fick's an bis jetzt leiden ziemlich alle an dem Uebelstande, dass eine Versuchsreihe mindestens einen oder mehrere Tage in Anspruch nimmt, einen Zeitraum, in dem es unmöglich ist, die Temperatur einigermaassen constant zu halten, was doch die Grundbedingung einer genauen Bestimmung ist. Ferner konnte man theilweise Bestrahlung, welche Strömungen hervorruft, und Erschütterungen kaum vermeiden.

Diese störenden Momente scheinen nun in vollkommenstem Maasse bei der im Jahre 1879 von H. F. Weber') ausgearbeiteten Methode zur Bestimmung des Diffusionscoefficienten des Zinksulfats beseitigt zu sein.

Ich habe nun versucht, diese Methode einer genauen Prüfung zu unterwerfen und sie womöglich auch auf andere Salze anzuwenden.

Durch eine ungefähr 0,5 mm dicke, horizontale Schicht Zinksulfatlösung, welche oben und unten durch amalgamierte Zinkplatten begrenzt ist, wird von unten nach oben ein galvanischer Strom geschickt, wodurch an der unteren Platte die Lösung concentrirter, an der oberen verdünnter wird. Diese Concentrationsdifferenz bedingt selbst wieder eine electromotorische Kraft, aus deren Abnahme, nachdem der primäre Strom entfernt ist, hinwiederum der Fortgang der Diffusion beobachtet und der Diffusionscoefficient berechnet werden kann.

Bedeutet s den Ausschlag eines in den Stromkreis dieser Concentrationskette eingeschalteten Galvanometers, I den Abstand der beiden Platten, k den Diffusionscoefficienten, t die

1) H. F. Weber, Wied. Ann. 7. p. 536. 1879.

Zeit von dem Augenblicke an gerechnet, wo der primäre Strom unterbrochen worden, und endlich C eine Constante, so ergiebt sich nach Weber

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Dabei ist vorausgesetzt, dass t mindestens 11/2 Stunden beträgt.

Die Diffusion verläuft bei dieser Versuchsanordnung infolge der geringen Dicke L der Schicht so schnell, dass k aus der Beobachtung einer oder weniger Stunden berechnet werden kann. Leider stiess ich bei der Untersuchung dieser äusserst eleganten und scheinbar sehr präcisen Methode auf grosse Schwierigkeiten, welche die Anwendbarkeit derselben nur auf ziemlich wenige Fälle beschränken.

II. Beschreibung der Apparate.

Bei Diffusionsbestimmungen ist vor allem darauf zu achten, dass die Temperatur möglichst constant erhalten, jede teilweise Bestrahlung und vor allem jede Erschütterung vermieden werde, da hierdurch der Vorgang der Diffusion beschleunigt wird und die beobachteten Coefficienten zu grosse Werthe erhalten. Diesen Anforderungen glaube ich bei meiner Versuchsanordnung aufs Beste genügt zu haben.

Das Plattenpaar, das mit Ausnahme einer kleinen Abänderung, die ich später erwähnen werde, dieselbe Form wie bei Weber hatte, war von einem zweifachen Luftmantel und einem doppelten Wassermantel vollkommen umgeben.

Folgende Zeichnung (Fig. 1) stellt den von mir angewandten Apparat dar.

Das Innerste von vier Blechgefässen (D) enthielt auf einem kleinen Dreifuss waagrecht ruhend die beiden Platten und war eingeschlossen in die Gefässe C, B und A. Auf B, C und D

wurden luftdicht die Deckel t, c und d aufgeschraubt, an welchen Röhren angebracht waren, die einige Centimeter über den Rand von A herausragten. Durch diese werden die Zuleitungsdrähte z und z, sowie das Normalthermometer 7 in den innersten Raum geführt. Letzteres war so lang, dass man, ohne es herauszuheben, die Temperatur ablesen konnte. Die einzelnen Kessel standen auf Glassäulchen und waren auch von der Seite durch Glasstäbe, festgehalten.

Der Zwischenraum zwischen A und B war mit Wasser gefüllt, der zwischen B und C mit Werg, um jegliche Luftströmung zu verhüten, und

endlich der zwischen C und

D wieder mit Wasser.

Ausserdem wurden die Oeffnungen der Rohrer und rsorgsam mit Wachs verklebt. Bei einigen Versuchen, welche bei 0o angestellt wurden, befand sich im Zwischenraum BC gestossenes Eis, in DC auf 0° abgekühlte Kochsalzlösung, während der äusserste Kessel mit Tüchern ausgestopft war.

Fig. 1.

Die Isolation war so vorzüglich, dass bei Schwankungen der Zimmertemperatur gegen 2° das innere Thermometer (7) seinen Stand nur um Bruchtheile eines Zehntelgrades während eines halben Tages veränderte.

Da ich ausserdem den Apparat vor jedem Versuch mindestens 1 bis 2 Stunden vollständig zusammengestellt stehen. liess, so dürften Störungen, hervorgerufen durch Temperaturdifferenzen in dem Diffusionsgefäss, möglichst vollkommen ausgeschlossen sein.

Der ganze Apparat stand auf einer Steinplatte, welche direct auf der Grundmauer des Hauses ruht und daher so ziemlich frei von Erschütterungen ist. Um auch Störungen durch Bewegung der Zuleitungsdrähte z und zu vermeiden, waren diese mehrfach an einen feststehenden Tisch angeschraubt.

Zur Bestimmung der electromotorischen Kraft, der Concentrationskette verwandte ich ein Edelmann'sches Spiegelgalvanometer mit astatischem Nadelpaar und dem Reductions factor 9,1.10-9, doch war diese Empfindlichkeit für meine Zwecke zu gross, sodass ich immer noch Widerstand vorschalten musste. Nur bei den Versuchen 4 und 5 mit Zinksulfat von der Concentration 0,312 und den Versuchen 1 und 2 mit Normalzinksulfatlösung benutzte ich ein gewöhnliches Spiegelgalvanometer vom Reductions factor 1,90.10-6.

Es wurde wie bei Weber jedesmal für die Dauer einer halben Schwingung in den Stromkreis eingeschaltet.

Den primären oder Ladungsstrom, welcher jedesmal zwei Stunden lang die Lösung durchströmte, maass ich mit einem

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Fig. 2.

Siemens'schen Präcisionsmilliampèremeter oder einem kleinen darnach geaichten Dosenampèremeter. Als Stromquelle verwandte ich ein Daniellelement, kleine Schwankungen in der electromotorischen Kraft desselben suchte ich durch Veränderung des Widerstandes im Stromkreise auszugleichen.

Die grösste Schwierigkeit bot mir die Darstellung von reinen, fehlerfreien Metallplatten. Bei Weber bildete die untere Platte, die Anode, den Boden eines niederen kreisrunden Glastroges, während die obere auf drei gleich hohen Stützen aus Hartgummi ruhte. Da diese Klötzchen die Homogenität des Systems stören und da bei dieser Anordnung des Apparates die Kathode notwendig etwas kleiner sein muss, wodurch die Lösung am Rande mit der Luft in Berührung kommt, so zog ich es vor, die obere Platte direct auf den an die untere angekitteten Glasring zu legen. Dieser hatte die entsprechende Höhe von ungefähr 0,5 cm und war so sorgfältig geschliffen, dass man den mit der Lösung gefüllten Apparat unbesorgt umwenden durfte.

Es konnte so bald die eine, bald die andere Platte als Anode verwandt werden (Fig. 2).

Den Abstand derselben bestimmte ich, indem ich ein Stückchen Glasrohr so zuschliff, dass es, in den Apparat gelegt, die beiden Electroden eben noch berührte.

Die Länge des Röhrchens maass ich mittels eines Mikrometers. Ich erreichte so eine Genauigkeit von etwa 0,003 cm. Um das Eindringen der Luft möglichst gut zu vermeiden, wurde der Apparat nach dem Füllen mit Lack zugestrichen.

Versuche stellte ich an mit Zink, Cadmium, Silber, Blei, Zinn und Nickel, doch führten nur die mit den beiden ersten Metallen zu brauchbaren Resultaten.

III. Prüfung der Methode an Zinksulfat.

Anfangs arbeitete ich, wie Weber, mit käuflichem Zink, nahm jedoch später absolut reines, wodurch aber die Resultate nicht merklich verändert wurden.

Die kreisrunden, genau abgedrehten und polirten Platten hatten einen Radius von 6,5 cm (5,5 cm betrug der innere Radius des Glasringes) und eine Dicke von 1 cm.

Von Zeit zu Zeit, d. h. nach drei bis vier Versuchen, wurden sie mit reinstem, destillirtem Quecksilber frisch amalgamirt.

Unmittelbar vor dem Füllen mit der entsprechenden Salzlösung wurden sie mit einem reinen Tuche fest abgerieben, mit Salzsäure, Wasser und Alkohol gewaschen und dann mit der frisch abgekochten luftfreien Lösung gründlich abgespült oder auch in Aether getaucht und unter der Luftpumpe getrocknet.

Wie schon von verschiedenen Forschern nachgewiesen wurde, zeigen zwei gleiche Electroden, zwischen denen sich eine Salzlösung desselben Metalles befindet, stets eine gewisse Potentialdifferenz, welche zwar durch Kurzschluss der beiden Platten verringert wird, nach längerer Zeit aber wieder zum Vorschein kommt.

Während nun nach Weber amalgamirte Zinkplatten von dieser Eigenschaft frei wären, konnte ich trotz Anwendung der oben erwähnten Vorsichtsmaassregeln dies nicht erreichen.

Bei meinen in grosser Anzahl angestellten Beobachtungen betrug die Potentialdifferenz - wir wollen sie Anfangspolarisation nennen für Zink mit Zinksulfat, Zinkformiat oder Zinkacetat stets 1-30 Procent der durch die Concentrationsdifferenz hervorgerufenen.

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