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gen (mehrere Zoll breit), hervorbringen, indem man über das farbige und weifse Papier einen Bogen feines, durchsichtiges Briefpapier legt. Der weifse Streifen erscheint sogleich mit einem ziemlich gleichförmigen, lichten Tone der Complementarfarbe überzogen.

Helmholtz giebt als vortheilhafte Methode in dieser Weise Contrastfarben hervorzurufen an, man solle zwischen den farbigen Bogen und das Briefpapier ein graues Papierschnittzelchen legen, welches ungefähr dieselbe Helligkeit wie die farbige Fläche hat.

Es scheint mir das Resultat wesentlich von der Durchsichtigkeit des Briefpapiers abzuhängen. Bei einem sehr durchsichtigen Papier oder bei feinem Battiste ist ein grauer Fleck günstiger, bei etwas weniger durchsichtigem ist aber ein möglichst schwarzer Fleck am günstigsten. Es sind in diesem Versuche dieselben Bedingungen wie in den obigen erfüllt, nämlich eine farbige Fläche, im dunkeln Fleck und darüber zerstreutes weifses Licht, und ich kann bei irgend einer Färbung der Unterlage die subjective Färbung des Flecks recht deutlich und bestimmt wahrnehmen.

Das Blatt Papier kann aber noch durch andere Mittel ersetzt werden. Man kann mit einem stehenden möglichst rein weissen Glase eine weisse Fläche über die farbige mit dem schwarzen Flecke spiegeln, sofort tritt die Complementarfarbe auf. Dasselbe geschieht, wenn man mit dem Glase das Licht des grauen Himmels spiegelt.

Es ist indessen nicht nöthig, dafs die weifse Fläche die ganze farbige Fläche überziehe. Man kann die Anordnung auch so treffen, dafs über die farbige Fläche gleichfarbiges Licht und über den schwarzen Fleck weifses Licht gespiegelt wird. Auch dann tritt die complementare Färbung auf. Eine Methode, die Contrastfarben Vielen zugleich zu zeigen, ist folgende:

Eine farbige Scheibe enthält einen schwarzen Ring; vor die Scheibe bringt man einen weifsen Sector und setzt nun beide in rasch drehende Bewegung. Das Auftreten der Contrastfarbe ist schlagend. Wende ich z. B. eine zinno

berrothe Scheibe mit dem schwarzen Ringe an und bringe davor einen weifsen Sector von 60°, so ist die Contrastfarbe schon für jedes Auge vorhanden. Für manche Augen wird die Contrastfarbe deutlicher, wenn man einen Sector von 120° oder mehr wählt, indem alsdann der schwarze Grund des Ringes immer mehr zurücktritt. Diese Anordnung scheint sich mir besser zu allgemeiner Demonstration zu eignen, als die nur höchst blasse Farben erzeugende, auf dem gleichen Princip beruhende Methode, welche Helmholtz (Phys. Opt. S. 411) empfiehlt.

Ich werde schliesslich keine Theorie der beschriebenen Contrasterscheinungen aufstellen, sondern mich begnügen constatirt zu haben, dafs in allen Fällen, wo dem Augenpaar eine farbige Fläche, ein schwarzer Fleck und darüber weisses Licht zugleich gezeigt werden, die subjective Färbung des schwarzen Fleckes eintritt, dafs diese Färbung immer die zur Farbe des Grundes complementare, nie die gleiche ist, dafs die Erscheinungen für gleichzeitigen und nachfolgenden Contrast nur dem Grade nach verschieden sind, nicht in der Qualität der auftretenden Farbe, und dafs es im Wesentlichen gleichgültig ist, ob das weisse Licht dem einen oder dem andern Auge zugeführt wird, d. h. mit dem farbigen und dem Fleck in dasselbe Auge oder in das andere Auge gelangt.

VI.

Ueber eine merkwürdige Veränderung des Holzes in den Schiffsmasten; von Ernst Hallier.

Im Frühjahr 1862 brachte Hr. A. Janfsen auf Helgoland

beim Neubau seiner Bierhalle Holz zur Anwendung, von einem über sechzig Jahre alten Schiff herrührend, welches er einige Zeit vorher in der öffentlichen Versteigerung erstanden hatte. Als der Mast zersägt wurde, zeigte derselbe im Innern eine eigenthümliche Beschaffenheit. Der

feste innerste Kern, etwa 12 Jahresringe umfassend, hatte sich von dem äufseren Holz so vollständig abgelöst, dafs er lose darin lag, beim Spalten des Holzes heraussprang, in Gestalt einer Stange von der Länge des abgesägten Stükkes, so glatt, als sey er herausgedrechselt worden, ohne die geringste Splitterung. Wo der Stamm verzweigt gewesen war, da sprangen auch die Astkerne heraus und zwar, mit dem Hauptkern fest verbunden. So bewahre ich noch ein Aststück von sechs Jahresringen, ein anderes, nur drei umfassend, beide noch im Zusammenhang mit einem Stück des Hauptkernes. Der Mast war der Hauptmnast eines grofsen Schiffes gewesen und zeichnete sich, besonders im Innern, durch starken Kiengehalt aus.

Erfahrene Seeleute, mit denen ich über die Erscheinung sprach, theilten mir mit, dafs sie dergleichen schon öfter gesehen, aber stets bei solchen Masten, die schon im Dienst eines halben Jahrhunderts gealtert waren. Sie gaben mir die einfache Erklärung, die sich mir schon von selbst aufgedrängt hatte, dafs nämlich der Holzkern in Folge des ewigen, oft gewaltsamen Wiegens der Masten während der Stürme sich ganz allmählig und daher gleichmässig vom umgebenden Holz ablöse.

Mein Bruder, der Architekt Eduard Hallier, erzählte mir, dafs ähnliche Erscheinungen, aber in weit unvollkommnerem Grade, an altem Bauholz von den Zimmerleuten wahrgenommen würden; doch löste sich dabei in der Regel ein gröberer Kern mit starker Splitterung ab.

VII. Entwicklungserscheinungen der organischen Zelle; von H. Karsten.

Hierzu Tafel VI.

Die Physik der Entwickelung und des Lebens der Zelle

ist als die Basis der gesammten Anatomie und Physiologie die nächste gemeinschaftlich zu lösende Aufgabe dieser beiden Wissenschaften.

Seit Schwann es aussprach, dafs ebenso wie die Pflanzen auch die thierischen Gewebe aus ursprünglich gleichgeformten Zellen bestehen oder entstanden seyen, stellt sich überdiefs die Aehnlichkeit der Functionen dieser Zellen im Thier- und Pflanzenkörper mehr und mehr heraus.

Eine klare Anschauung sämmtlicher physikalisch- chemischen Erscheinungen, aus denen die Lebensvorgänge zusammengesetzt sind, wird aber erst angebahnt werden durch die genaueste Kenntnifs der Entstehung und des Wachsthums der Zelle.

Die Formenelemente aus denen diejenigen Zellen bestehen, welche das organische Gewebe aufbauen, sind durch vielseitige Beobachtung erforscht worden, seitdem R. Brown') auf den in vielen Zellen enthaltenen Kern aufmerksam machte und von mir nachgewiesen wurde, dass die bisdahin für einfach gehaltene Haut der Gewebezellen aus verschiedenen in einandergeschachtelten endogenen Zellen bestehe 2).

Das Hauptaugenmerk ist jetzt auf die physikalischen und chemischen Veränderungen dieser Formenelemente der Zelle, während ihrer Entwickelung und Vermehrung zu richten um durch das Verständnifs dieser Erscheinungen auf die Gesetze geführt zu werden, welche der Entstehung und dem Wachsthume der Organe und der Organismen zu Grunde 1) Transactions of the Linnean Society, 1833.

2) De cella vitali 1843.

liegen und in ihrer Gesammtheit die Lebenserscheinungen derselben ausmachen.

Das neueste und verbreitetste Lehrbuch über die Gewebe des menschlichen Körpers (Kölliker 1862) spricht sich über die Bedeutung der verschiedenen Formenelemente der Gewebezellen für das Bestehen und die Thätigkeit derselben dahin aus, dass:

1) die (äufsere) Zellhülle dem flüssigen Inhalte der Zelle nur als Schutz diene (S. 39), wenn sie nicht auch in gewisser Weise an den Lebensvorgängen derselben Theil nehme, was sich durch Aenderung ihrer chemischen Beschaffenheit kund gäbe (S. 36); dass 2) das flüssige Cytoblastema (Zellsaft) der vorzugsweise lebende Theil der Zelle sey (S. 39); dafs

3) der Zellkern die Hauptrolle bei der Zellenbildung spiele (S. 26).

Dieser letzte Satz ist in dem Sinne aufgestellt, dafs » die Lehre von einer freien Zellenbildung in einem Cytoblasteme als beseitigt betrachtet werden kann« (l. c.) S. 28); dafs Zellenbildung also stets mit Zellenvermehrung zusammenfällt, indem dieselbe überall als das Product der Theilung einer Mutterzelle vermittelst Faltenbildung und Abschnürung ihrer innern Haut (des Primordialschlauches) angesehen wird; wobei indessen Kölliker nicht unterläfst zu erinnern, dass sich dieser (1. c. S. 29 schematisch gezeichnete) Vorgang allerdings noch nicht mit aller wünschbaren Bestimmtheit hat beobachten lassen. «

Diese mit der herrschenden aber unbegründeten Anschauungsweise über Bildung und Thätigkeit der Pflanzenzelle harmonirenden Grundlehren der Histologie des thierischen Körpers haben sich nun auch im Pflanzenorganismus nicht mit der nothwendig zu fordernden, überzeugenden Klarheit bestätigen lassen. Vielmehr hat die Entwickelungsgeschichte folgendes gelehrt '):

>>In den Fällen die als sichere Beweise für eine Zellen

1) H. Karsten, De cella vitali, 1843 und Histologische Untersuchungen, 1862.

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